Wien, vergoldet
1080, Josefstädter Straße 73:
Moderne Fotografie Carl Zapletal
Vom Portal des „Kinder Photographs“ Carl Zapletal ist nicht nur der vergoldete Schriftzug über dem Hauseingang Nr. 73 zu sehen, auch hoch oben an der Fassade findet sich das Wort „Photographie“. Zapletal zog 1923 an die Adresse um sich vermehrt der Portraitfotografie zuzuwenden, Bekanntheit hatte er schon zuvor durch seine Presse- und Motorsport-Aufnahmen erlangt. Bereits 1911 fotografierte er als erster österreichischer Berufsfotograf vom einem Flugzeug aus, seine Bilder wurden bei der internationalen Flugausstellung (ifa) in der Rotunde gezeigt.
1080, Josefstädterstraße 25:
Alte Löwen Apotheke
1782 gründete Mathias Moser die Löwen-Apotheke, damals noch am Standort im Haus gegenüber. Unter dem Sohn des Gründers erlangte sie Berühmtheit, hatte er doch im Keller der Apotheke das Gaslicht erfunden. 1816 erstrahlte hier das erste Haus in Wien im Licht einer Gasbeleuchtung, sogar der Kaiser kam zur Besichtigung.
Auch an Kunstsinn mangelte es Moser nicht, als Ladenschilder ließ er Ferdinand Waldmüller vier lebensgroße Gemälde anfertigen. Heute befinden sich die Werke in der Sammlung des Belvederes, Replikas davon sind sie in der Apotheke ausgestellt.
Damen-Herren-Friseur
Die meisten Passagiere der Linie 13A kennen das Geschäft mit seinem tollen 1950ern Portal und dem goldenen Sign wohl nur vom Vorbeifahren. Dabei würde es sich durchaus lohnen reinzusehen, denn es ist nämlich Wiens einziger „Kabinen-Salon“. Inhaberin Christine Endres entstammt einer uralten Friseurdynastie und hat dementsprechend viele Anekdoten zu erzählen.
1070, Burggasse 29:
Alte Bäckerei †
Die detailreichen Beschriftungen des Ecklokals am Fuß des Spittelberg zeugen vom Warenangebot um die Jahrhundertwende. „Schmackhaftes Molken-, echtes Kornbrot und die Spezialität Erdäpfelbrot“ werden da nebst „Mehl und Gries aus den renommiertesten Dampfmühlen“ beworben.
Handwerklich ist das Portal einer der außergewöhnlichsten Schildermalerarbeiten der Stadt. Perlmutteinlegearbeiten, Glanz- und Mattgold, raffinierte Typografie: Die alte Bäckerei zog alle Register. Leider wurde sie im Sommer 2018 überklebt.
Der Weg führt uns weiter zu einem Highlight des Walks:
Die ehemalige Klavierfabrik Rudof Stelzhammer in der Barnabitengasse 8.
Über dem Eingang der ehemaligen Klavierfabrik Stelzhammer prangt unübersehbar Wiens wohl größter Schreibfehler: Die Familie Stelzhammer, die ab 1900 dort Klaviere produzierte, schreibt sich nämlich mit zwei „m“. Offenbar hat das der Schildermaler übersehen und den Namen dann auch konsequenter Weise auf den beiden Schildern in der Einfahrt falsch geschrieben.
Eine weitere charmante Besonderheit dieser Vergoldung:
Sie reflektiert den Schriftzug „Rudof Stelzhamer“ bei günstigem Lichteinfall als Spiegelung auf Kopfsteinpflaster der Barnabitengasse.
1010, Bräunerstraße 4-6:
Schuhmacher R. Scheer und Söhne
Bereits in siebenter Generationen stellt die Familie Scheer feinste Maßschuhe her. Das Portal mit dem detailreich illustrierten Gold-Wappen ist seit 1878 – man wurde gerade kaiser- und königlicher Hofschuhmacher – unverändert.
Nur zwei Gassen weiter, in der Spiegelgasse 3, befindet sich ein komplett vergoldetes Portal. Das vornehme Bankhaus Pinschof & Co hatte sich gleich die gesamte Hausfront vergolden lassen.
Am Ende des Walks besuchen wir das riesige Schild der
„Carl Siegl Sen. K.K. Priv. Leinen und Tischzeug Fabrik“.
Carl Siegl (1802 – 1889) war einer der größten Textilunternehmer in Märisch-Schönberg. Er gründete das Unternehmen mit seinen Söhnen Robert und Richard, das Kapital brachte seine Frau, Tochter eines der ältesten Manufakturunternehmer der Stadt mit. Nach seinem Tod übernahmen die Söhne, die Fabrik hatte zur Jahrhundertwende 1200 Mitarbeiter.
Fotos Janes Walk © Andreas Lindinger, Stelzhammer Reflektion © Daniel Gerersdorfer